Pressebericht TAH vom 28.03.2017

Das Fossil und die Moderne

Selten gehörte Klänge im alten Bahnhof

 (ez) Das Trio „Ansgar Specht Hammond Collective“ gastierte am vergangenen Freitag vor zahlreichem sachverständigen Publikum im Jazz-Club. Der Name der Band ist nicht nur Programm, sondern auch in gewisser Hinsicht hintersinnig. Der Gitarrist Ansgar Specht gibt seinen Namen, das Instrument von John Hondorp fügt sich an und zu zweit wären sie höchstens ein Duo, so dass erst der Schlagzeuger Markus Strohtmann das Kollektiv komplett macht.

 Aus Harsewinkel, Holland und Hamburg stammen die Musiker, die sich in erster Linie Stücke aus dem Great American Songbook ausgewählt hatten, aber auch Eigenkompositionen präsentierten, so etwa „Leave“ von Markus Strohtmann. Die B3 Hammond-Orgel stammt aus der Mitte der 60er Jahre, wie auch ihr Spieler, und ist schon ein „schweres Stück Musik“, nämlich etwa gut 100 Kilo. Auch der dazugehörige Lautsprecher, der Leslie-Speaker, ist beeindruckend, optisch so zwischen Lesepult und Aktenrollschrank und durchaus gewichtig. Diese Orgel produziert sakrale Töne, sie wimmert, piept und brummt und singt elegisch, und John Hondorp bediente sich ihrer mit verblüffender Fingerfertigkeit. Die Gitarre von Markus Strohtmann war der virtuose Akzent vor dem Hintergrund von Orgel und Schlagzeug, aber auch diese beiden taten sich mit beeindruckenden Soli hervor, wobei die Power des Schlagzeugs hart an die Schmerzgrenze ging.

 Als Zugabe spielten die Musiker nach dem langanhaltenden Applaus noch etwas Soul, den Jahrhundert-Hit „Sunny“, der unter anderem durch Boney M. zu großer Berühmheit und Beliebheit gelangte. 









Ansgar Specht & the Hammond Collective am 24. März

Der aus dem westfälischen Harsewinkel stammende Gitarrist Ansgar Specht wird auf der aktuellen Einspielung von dem niederländischen Hammond B3-Organisten John Hondorp und dem in Hamburg lebenden Schlagzeuger Markus Strothmann begleitet.
Dieses Dreiergespann widmet sich mit dem jüngsten Album im weitesten Sinne selten gespielter Stücke aus dem Great American Songbook. Mit „These are Soulful Days“ (Cal Massey) macht das Album auf, präsentiert „Lean Years“ (Pat Martino) und „Fotografia“ (A.C. Jobim), ehe mit „Leave“eine Komposition von Markus Strothmann auf dem Programm steht. Auch eine „Verbeugung“ vor Wes Montgomery findet sich auf dem aktuellen Album. „Lament“, eine Arbeit des Bebop-Posaunisten J. J. Johnson, bildet das Finale. Jazzkenner wissen, das Cal Massey nicht nur ein Jazztrompeter, sondern auch ein politischer Aktivist war, der sich für die Rechte der Afroamerikaner einsetzte. Er spielte mit John Coltrane ebenso wie mit McCoy Tyner. Seine Kompositionen wie „These Are Soulful Days“ wurden von Lee Morgan, „Bakai“ von John Coltrane und „Cry of My People“ von Archie Shepp eingespielt. Pat Azzara in Philadelphia im Jahr 1944 geboren und besser bekannt als Pat Martino ist ebenso wie Ansgar Specht Jazzgitarrist und „steuerte“ für das aktuelle Album sein Werk „Lean Years“ sprich „Magere Jahre“ bei. Überaus bekannt ist der Jazzgitarrist Wes Montgomery, dessen „Road Song“ das Dreigestirn für das Album einspielte. Wes hatte diesen Titel 1968 aufgenommen. In seiner Diskografie finden sich aber auch ein Monk-Stück wie „Round Midnight“ oder „Impressions” (John Coltrane), sprich auch Wes Montgomery stand mit beiden Beinen fest verwurzelt in der Jazzgeschichte. Muss man zu A. C. Jobim noch Worte verlieren? Wer eigentlich kennt dessen „The Girl from Ipanema“ nicht? Wohl jeder kennt diesen Evergreen des brasilianischen Jazz. Doch Ansgar Specht verzichtete bei seinem Album auf derartige „Ohrwürmer“. Stattdessen wählte er seine Lieblingsstücke aus dem umfänglichen Kanon des Jazz aus.
Weich und einschmeichelnd ist der Klang der Gitarre in den Händen von Ansgar Specht, wenn die ersten Takte von „These are Soulful Days“ erklingen. Verhalten und im Hintergrund agiert Markus Strothmann am Schlagwerk, während John Hondorp paraphrasierend auf Angar Specht eingeht. Dabei perlen die auf der Hammond-Orgel angestimmten Klangsequenzen an unser Ohr. In dieses Spiel fällt Ansgar Specht nachdrücklich ein, wenn er das „Vorfeld des Klangraums“ betritt. Mit einer Portion Groove kommt der „Road Song“ daher, ohne dass Ansgar Specht den Spielstil von Wes Montgomery kopiert. Ja, man kann sich bei geschlossenen Augen vorstellen, dass Montgomerys Komposition durchaus für ein Road Movie taugt. Wilde Verfolgungsjagden sind allerdings dabei nicht vorgesehen. Der flockige Klangteppich, über den sich das Gitarrenspiel ausbreitet, wird durch die Hammondorgel geschaffen, die John Hondorp mit Sinn für Timing und Akzentuierung spielt.
Recht flott geht es in „Lean Years“ zu. Wären noch Bläser im Einsatz, könnte man durchaus den Begriff funky ins Feld führen. Vor dem geistigen Auge kann man sich schaukelnde Jollen im Wind vorstellen oder auch Freizeitkapitäne im Tretboot auf der Hamburger Außenalster. Irgendwie verführen die Harmonien des Stücks dazu, an sommerliche Leichtigkeit zu denken.

Das Konzert in den Clubräumen im alten Bahnhof beginnt um 20.00 Uhr, Einlass ist eine halbe Stunde vorher.