Pressebericht JCH 9.11.2022

Jung und mitreißend ist die Musik aus dem alten New Orleans

Jan Luley’s Lagniappes wurden mit Begeisterung konsumiert

(ez) Lagniappe – das Quechua-Wort ist in New Orleans über das Kreolische ins Englische „eingewandert“ und bezeichnet kleine kostenlose Beigaben, wie etwa das Schokoladenstück auf dem Hotelkopfkissen. Für die musikalischen Leckerbissen beim Konzert am Montag im Jazz-Club war der Ausdruck jedoch glatt untertrieben. Es gab ein mehrgängiges Hauptmenü der Spitzenklasse mit allem, was New Orleans an Spezialitäten zu bieten hat – von groovigem New Orleans Piano, Gospel, Swing, Blues, Balladen bis hin zum Soul von Ray Charles. Der Pianist Jan Luley trat zusammen mit dem Drummer Gerd Breuer und dem Kontrabassisten Paul G. Ulrich auf, als „special guests“ dazu der junge Trompeter Thimo Niesterok und die überragende Sängerin Monique Thomas.

„New Orleans Joy“ von Jelly Roll Morton aus dem Jahre 1902, das erste Stück des Abends, gab das Motto vor und der Pianist zeigte sogleich seine große Virtuosität. Die Gäste applaudierten jubelnd. Für einen Montagabend waren sie erstaunlich zahlreich, fast wie in alten Zeiten vor der Pandemie. Die wandlungsreiche Stimme von Monique Thomas, die, vom Gospel kommend, heute sowohl modernen, wie auch klassischen Jazz singt, überzeugte das Publikum. Eine kleine charmante Person, eine große Stimme – sanft und einschmeichelnd, dann wieder energisch, dynamisch und bis in ungeahnte Tiefenlagen. „On the sunny side of the street“, „Sweet Georgia Brown“, “Route 66”, der sehr gefühlvolle “St. Louis Blues” von 1905 waren im ersten Set zu hören. Die Trompete – teils “pur”, teils gestopft – setzte immer wieder klare Akzente und spielte freche Soli. „Georgia on my mind“ begann mit einem langen Piano-Intro und bot dem Bassisten Raum für ein großes Solo, er strich den Kontrabass in klassischer Manier.

Jan Luley führte kenntnisreich durch das Programm. Viel konnte er über die Geschichte New Orleans erzählen – Siedler werden angelockt, finden sich in Sümpfen wieder, einheimische Indianer helfen ihnen weiter, wie auch später vielen geflohenen Sklaven, die Kulturen und die Musik vermischen sich und letztendlich feiern alle gemeinsam immer noch den Mardi Gras. Romantisch war es sicher selten und trotzdem: „Louisiana Fairy Tale“ von Fats Waller beschreibt eindringlich das Märchenhafte des Südens. Was gab’s noch? Etwa den „Basin Street Blues“, die Sängerin lockte mit sanfter Stimme zum Gang durch diese Straße, der Trompeter konterte mit einem rotzfrechen Solo. Ganz am Ende des Abends, als der Applaus partout nicht enden wollte, spielte die Band als Zugabe die bewegende Hymne „Amazing Grace“ - sie soll von einem bekehrten Sklavenhändler stammen, ging in die afroamerikanische Gospelszene ein und wurde zum Jazzstandard. Solche Lagniappes darf der Club gerne wieder servieren!